(Version française ci-dessous)
• Guten Tag, Malin. Könnten Sie uns von Ihrem Ausbildungs- und künstlerischen Werdegang erzählen? Was hat Sie dazu gebracht, sich auf den Bau der Nyckelharpa zu spezialisieren?
Mein Werdegang ist sehr mäandrierend, und in jeder Schlaufe habe ich ein paar Prägungen erfahren, die mir heute helfen. Dank der sehr künstlerisch-handwerklichen und musikverliebten Familie, in der ich aufwuchs, waren so viele Richtungen entdeckbar. Die Nyckelharpa, auf der ich heute spiele, ist durch meine Mutter ins Haus gekommen, und schwedische Volksmusik haben meine Schwestern und ich als Kinder gehört, wenn wir zeichneten und werkten. Ich glaube, dass mich diese kindliche Art des spielerischen Erfahrens sehr stark geprägt hat, auch darin, wie ich heute immer noch mit neuen Themenfeldern umgehe. Das Spielerische ist etwas, das ich mir bewahren möchte. Auf diese Weise bin ich meiner kreativen Neugier nachgegangen. Die Nyckelharpa ist hier vielleicht ein Schlüsselmoment, da ich mir zu Beginn ohne regelmässige Hilfestellung das Spielen aneignete. Sie hat in mir eine Beharrlichkeit geweckt, die ich in den anderen Bereichen nicht so sehr brauchte, da sie durch Ansprechpersonen und Unterricht weitergetragen wurden. Sicher spielte der Zeitpunkt in der Biografie auch eine Rolle: Ich begann Nyckelharpa zu spielen, da war ich 17 und bereits ein bisschen auf dem Sprung. Via ein intensives Nyckelharpa-Musikjahr in Schweden bin ich zum Instrumentenbau gekommen. Und dass ich mich heute und zukünftig spezialisierend mit dem Nyckelharpabau auseinandersetzen möchte, wird von starken klanglichen und ästhetischen Ideen getragen, die ich nur deswegen habe, weil ich das Instrument von Innen heraus verstehe. Mit Innen meine ich Klang und Spieltechnik.
• Die Nyckelharpa hat eine bedeutende Entwicklung durchlaufen, insbesondere in Schweden. Wie balancieren Sie in Ihrer Arbeit als Instrumentenbauerin und Musikerin die Treue zu den alten Modellen mit den modernen Innovationen in Bezug auf Bauweise und Klang?
Über die Entwicklung der Nyckelharpa kann man von den ersten Quellen an bis zur Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert eigentlich nur ein paar Vermutungen äussern. Die bedeutende Entwicklung, die Sie ansprechen, erfuhr sie fast ausschliesslich in Schweden, da sie nur dort aktiv erhalten war. Erst in den letzten zwanzig Jahren finden hier „auf dem Kontinent“ auch wieder Entwicklungen statt. – Ich selbst als Instrumentenbauerin nehme alte Modelle insofern ernst, als dass sie mir bei genauer Untersuchung Aufschluss über zeitgegebene Bautechnik und im übertragenen Sinn über die klanglichen und spieltechnischen Anforderungen ihrer Zeit geben. Ich wäge ab, wie sinnvoll welches Detail für die heutige Handhabung und Klang ist – und dann nehme ich mir, wie viele kritische Geister vor mir, die Freiheit, etwas zu verändern: Immer auf der Suche nach Funktionalität, die auch mit meinen ästhetischen und klanglichen Vorstellungen vereinbar ist. Deswegen würde ich mich nicht als treu bezeichnen im Sinn von Modelltreuheit sondern als treu dem suchenden, fragenden Grundantrieb der Instrumentenbauerin gegenüber. Und die Musikerin in mir prüft meine Ideen auf spieltechnischer und klanglicher Ebene.
• Blickt man in die Zukunft, welche Schritte halten Sie für notwendig, um sicherzustellen, dass alte Instrumente wie die Nyckelharpa weiterhin von neuen Generationen gespielt und geschätzt werden?
Ich denke, solange es Menschen gibt, die bei ihrem Klang Feuer fangen, neugierig werden und anfangen, Nyckelharpa zu spielen oder Lust haben, eine zu bauen, wird sie nicht verschwinden. Natürlich kommen da generell auch andere Faktoren zum Tragen, z.B. ob ein Instrument von einer Gruppe dogmatisch gehütet oder politisch missbraucht wird oder ob ein Patent darauf gelegt wurde, was sofort eine Mauer gegen jegliche Form der Erxperimentierfreude baut. Und ich denke, das ist auch das Einzige, das ich dazu beitragen kann: Mich davor hüten zu konservieren und stattdessen zu tradieren – weiterzutragen – mit Offenheit und Respekt. Die Geige und ihre Geschichte ist ein gutes Beispiel für eine zeitenweise sehr dogmatische Handhabung. Als sie sich den Weg von der Gasse in die Konzertsäle erobert hatte, wurde sowohl in der Musik als auch im Geigenbau die Vereinheitlichung von Klangfarbe und Modell sehr eng, und noch immer gibt es eine Kluft. Glücklicherweise finden nun wieder vermehrt Dialog zwischen Folkfiddle und Jazz und Barock und der „klassischen“ Art statt. Das ist aber wirklich eine neuere Entwicklung (über den Zeitbogen der Geigengeschichte gemessen). Die Nyckelharpa läuft möglicherweise weniger in Kanalisierungsgefahr – aber wer weiss. Sie hat es jedenfalls bis heute geschafft, und das „schwedische Kulturerbe“ daran ist nicht die Nyckelharpa selbst, sondern die Begeisterung für sie, die durch Spielleute über Generationen lebendig gehalten wurde – die ohne Offenheit für Veränderung erloschen wäre. Sicher gab und gibt es auf ihrem Weg immer wieder einmal Konservisten die sagen: So spielt man nicht, neumodischer Schnickschnack! Und sicher ist es auch gut, sich durch solche Stimmen darüber bewusst zu werden, welche örtliche und funktionale Prägung ein Stück/ein Instrument durchlaufen hat, wenn es einem begegnet. Es dann mit diesem Bewusstsein zu verändern, darin sehe ich nicht ein Sakrileg sondern ein Garant dafür, dass es weiterleben wird.
• Die zweite Edition des TEXTUR Festivals erkundet die Schweiz als Knotenpunkt globaler Verbindungen. Hatten Sie persönlich schon Gelegenheit, sich mit anderen als der schweizerischen und der skandinavischen Musiktradition auseinandersetzen oder würden Sie dies gerne tun? Was waren oder wären dabei Ihre Ansatzpunkte?
Tatsächlich bin ich erst gerade dabei, mich aktiv in die Schweizer Volksmusik vorzutasten, denn neben ein paar Kinderliedern zu Hause oder später im Würmli-Chor (wo wir auch Volkslieder aus verschiedensten Kulturen weltweit sangen) war ich viel selbstverständlicher in der skandinavischen Musik zuhause. Auf die zuhörende Art lasse ich mich von jeglicher Musik berühren, ich liebe Klangfarbenvielfalt und Rhythmen und unterschiedliche Erzählformen. Und sicher färben diese verschiedenen Eindrücke meine Interpretationen mit. Vielleicht ist es eine Charaktersache oder auch mein handwerklicher Beruf, der das komplette Eintauchen in detailteuflische Vielschichtigkeit unabdingbar macht… – jedenfalls bin ich sehr langsam geworden mit dem Aneignen und selbstbewussten Spielen von anderen Stilen und Volksmusiken. Früher war ich unbekümmerter und habe nicht so viel hinterfragt, ob ich genug über die Facetten wisse oder ob mein Zugang stark genug und gerechtfertigt sei. Je mehr ich lerne und Quellen nachspüre, desto nachdenklicher und vorsichtiger werde ich. Ich denke dabei auch an die heute geführten Diskussionen um kulturelle Aneignung. Wie in anderen Bereichen ist es auch in der Musik wichtig, Wege zu finden, wie Musik aus unterschiedlichen Kulturen angemessen respektvoll rezipiert werden kann, ohne eine versehentlich ausbeutende oder kolonisatorische Rolle einzunehmen. Gleichzeitig erlebe ich den Weg über die Musik als gegenseitige Inspiration und die weitergewanderten Muster und Melodien als essenziell für Dialog, Verständnis und Innovation.
• Möchten Sie dem Festival-Publikum zum Abschluss noch etwas Persönliches ans Herz legen?
Mut! Ich wünsche allen mehr Mut, unter die Oberflächen zu tauchen, und Leichtigkeit im Einfinden in Neues. Und mir wünsch ich’s auch■
— Français: —
Entretien avec Malin Ursina Lardon
• Bonjour Malin. Pourriez-vous nous parler de votre parcours artistique et de votre formation? Qu’est-ce qui vous a conduit à vous spécialiser dans la fabrication de la nyckelharpa?
Mon parcours est très sinueux, et à chaque tournant, j’ai acquis des expériences qui me servent aujourd’hui. Grâce à ma famille très artistique, manuelle et passionnée par la musique, de nombreuses directions étaient à découvrir. La nyckelharpa, sur laquelle je joue aujourd’hui, est arrivée chez nous par ma mère, et mes sœurs et moi écoutions de la musique folklorique suédoise lorsque nous dessinions et bricolions. Je crois que cette manière ludique d’expérimenter dans l’enfance m’a profondément marquée, y compris dans la façon dont j’aborde encore aujourd’hui de nouveaux sujets. Ce côté ludique est quelque chose que je veux préserver. C’est ainsi que j’ai suivi ma curiosité créative. La nyckelharpa représente peut-être ici un moment clé, car au début, je l’ai apprise sans suivi extérieur. Elle a réveillé en moi une persévérance que je n’avais pas autant ressentie dans d’autres domaines où j’étais soutenue par des personnes de référence et des cours. Le moment de ma biographie a également joué un rôle: j’ai commencé à jouer de la nyckelharpa à 17 ans, déjà un peu prête à explorer. Après une année intense de musique de nyckelharpa en Suède, je suis passée à la lutherie. Et aujourd’hui, et à l’avenir, je souhaite me spécialiser dans la fabrication de la nyckelharpa, portée par des idées sonores et esthétiques fortes que je possède uniquement parce que je comprends l’instrument de l’intérieur. Par „intérieur“, j’entends le son et la technique de jeu.
• La nyckelharpa a connu une évolution significative, notamment en Suède. Comment, en tant que luthière et musicienne, équilibrez-vous la fidélité aux anciens modèles avec les innovations modernes en termes de fabrication et de sonorité?
Concernant l’évolution de la nyckelharpa depuis les premières sources jusqu’au tournant du 20ème siècle, on ne peut formuler que quelques hypothèses. Le développement significatif dont vous parlez a eu lieu presque exclusivement en Suède, car c’est le seul endroit où l’instrument a été activement préservé. Ce n’est que depuis une vingtaine d’années que des développements ont également lieu ici, „sur le continent“. En tant que luthière, je prends les anciens modèles au sérieux dans la mesure où, après une étude approfondie, ils m’éclairent sur les techniques de construction de l’époque et, en un sens, sur les exigences sonores et techniques de leur époque. J’évalue dans quelle mesure chaque détail est pertinent pour le jeu et le son d’aujourd’hui – et ensuite, comme de nombreux esprits critiques avant moi, je me permets de modifier certaines choses: toujours à la recherche de la fonctionnalité, compatible avec mes idées esthétiques et sonores. C’est pourquoi je ne me considère pas comme fidèle aux modèles, mais fidèle à la recherche et à la curiosité qui motivent mon travail de luthière. Et la musicienne en moi teste mes idées sur le plan technique et sonore.
• En regardant vers l’avenir, quelles étapes considérez-vous nécessaires pour garantir que des instruments anciens comme la nyckelharpa continuent d’être joués et appréciés par les nouvelles générations?
Je pense que tant qu’il y aura des personnes qui seront fascinées par son son, qui deviendront curieuses et commenceront à jouer ou auront envie d’en fabriquer une, la nyckelharpa ne disparaîtra pas. Bien sûr, d’autres facteurs jouent également un rôle, par exemple, si un instrument est gardé de manière dogmatique par un groupe, politiquement exploité, ou encore si un brevet est déposé dessus, ce qui freinerait toute forme d’expérimentation. Et je pense que c’est aussi la seule chose que je puisse apporter: m’assurer de ne pas la conserver, mais de la transmettre – avec ouverture et respect. Le violon et son histoire en sont un bon exemple, parfois traité de manière très dogmatique. Lorsqu’il a conquis les salles de concert, tant dans la musique que dans la lutherie, l’uniformité du timbre et du modèle est devenue très stricte, et il existe encore un fossé. Heureusement, nous assistons de nouveau à un dialogue entre le folk, le jazz, le baroque et la manière „classique“ de jouer. Cependant, c’est une évolution récente (si l’on regarde toute l’histoire du violon). La nyckelharpa court peut-être moins le risque d’être figée, mais qui sait. En tout cas, elle a survécu jusqu’à aujourd’hui, et l’héritage culturel suédois ne réside pas dans la nyckelharpa elle-même, mais dans l’enthousiasme pour elle, maintenu en vie par les joueurs au fil des générations – une passion qui aurait disparu sans ouverture au changement. Il y a sûrement eu et il y a encore des conservateurs qui disent : „On ne joue pas comme ça, c’est une nouveauté inutile !“ Et c’est bien de réfléchir, à travers ces voix, à l’empreinte locale et fonctionnelle qu’un morceau ou un instrument a subie lorsqu’on le rencontre. Ensuite, le changer avec cette conscience, je ne vois pas cela comme un sacrilège, mais comme une garantie de sa survie.
• La deuxième édition du Festival TEXTUR explore la Suisse en tant que carrefour de connexions mondiales. Avez-vous personnellement déjà eu l’occasion de vous plonger dans d’autres traditions musicales que celles de la Suisse et de la Scandinavie, ou aimeriez-vous le faire? Quels seraient ou ont été vos points de départ?
En réalité, je commence à peine à explorer activement la musique folklorique suisse, car à part quelques chansons d’enfance à la maison ou plus tard dans le chœur Würmli (où nous chantions également des chansons folkloriques du monde entier), j’étais beaucoup plus à l’aise dans la musique scandinave. En tant qu’auditrice, je me laisse toucher par toutes sortes de musiques; j’adore la diversité des timbres, des rythmes et des formes de narration. Et bien sûr, ces impressions diverses influencent mes interprétations. Peut-être que c’est une question de caractère ou de mon métier artisanal qui nécessite de plonger complètement dans la complexité des détails… – en tout cas, je suis devenue très lente à m’approprier et à jouer avec assurance d’autres styles et musiques folkloriques. Avant, j’étais plus insouciante et je ne remettais pas en question si je savais assez sur les nuances ou si mon approche était suffisamment forte et justifiée. Plus j’apprends et plus je remonte aux sources, plus je deviens réfléchie et prudente. Je pense également aux débats actuels sur l’appropriation culturelle. Comme dans d’autres domaines, il est important en musique de trouver des moyens de respecter les cultures d’où proviennent ces musiques, sans adopter par erreur une approche exploitante ou colonisatrice. En même temps, je considère la musique comme un moyen d’inspiration mutuelle, et les motifs et mélodies partagés comme essentiels pour le dialogue, la compréhension et l’innovation.
• En guise de conclusion, aimeriez-vous adresser un souhait personnel au public du festival ?
Du courage! Je souhaite à tout le monde plus de courage pour plonger sous la surface, et une facilité pour s’ouvrir à de nouvelles choses. Et je me le souhaite à moi aussi■