Konzept

VERWEBEN von Mittelaltermusik und Neuschöpfungen, von Schrift und Tradition

Paloma

© B. Croisy

Zwei Tage lang wird Basel zum Begegnungsort für richtungsweisende Ensembles aus der mittelalterlichen und der aktuellen Musikszene. Schriftlich überliefertes Repertoire wird verwoben mit musikalischen Formen, bei denen mündliche Tradition und zeitgenössischer Ausdruck im Vordergrund stehen. Es geht um die Materialität des Klangs, es geht darum, Geschriebenes lebendig zu machen und mit dem Jetzt zu verflechten.

EINBINDEN des Publikums in den kreativen Prozess

In Veranstaltungen, die die Konzerte begleiten, bekommt das Publikum Einblick in spezifische Aspekte des musikalischen Prozesses. Wesentlich sind dabei der Austausch der Besucher:innen untereinander und der persönliche Kontakt mit den Musiker:innen. Die Kooperationen mit dem Historischen Museum und der Universitätsbibliothek Basel ermöglichen es, in ihren Räumen  Workshops anzubieten und mit einer spezifischen Führung die Sammlung des Musikmuseums auf neue Art zu beleuchten. Bei einem Vortrags-Spaziergang durch das mittelalterliche Basel können Eindrücke reflektiert und vertieft werden. Im Vorfeld findet ein kreatives Atelier in der Sekundarschule Binningen (BL) statt. Die Musikklasse wird dadurch aktiv bei einem der Konzerte des Festivals mitwirken. Die Events werden von den Musiker:innen des Festivals gestaltet.

VERNETZEN von Gehörtem mit Gesehenem

St. Ursanne

© N. Paupe

Das Festival findet an verschiedenen Orten statt, die somit ebenfalls in einen Austausch treten. Die St. Margarethenkirche in Binningen mit ihrem einzigartigen Weitblick über die Stadt Basel ist aufgrund ihrer Akustik für Alte Musik besonders geeignet. Ebenso magisch ist der historische Kern im Herzen der Altstadt Basels, wo das Festival die Besucher:innen in der mittelalterlichen Leonhardskirche zum Konzert erwartet und im Musikmuseum zu einem Kalligraphie-Workshop und einer musikalischen Führung der Instrumentensammlung einlädt. Die Universitätsbibliothek lässt das Publikum ihre alten Handschriften nicht nur sehen, sondern auch singend ausprobieren. Einen entspannten Rahmen findet TEXTUR im Binninger Lokal Le Monot, wo bei einem orientalischem Diner Erzählungen aus fernen Welten abwechseln mit mittelalterlichen Weisen.

NEUE WEGE WAGEN ins Unerhörte, entsprungen aus dem Überlieferten

Viel mehr als im Bereich der klassischen Musik geht es bei der Mittelaltermusik darum, zu recherchieren und neue Wege zu probieren. Die überlieferten Quellen sind im Vergleich zur jetzigen Notation wenig präzise und lassen viel Spielraum bei der Ausführung. Die Wahl der Instrumente, das Tempo, die Nuancen, um einige der wichtigsten Aspekte zu nennen, sind der Auffassung und der Kreativität der Interpret:innen überlassen. Diese Freiheit, gekoppelt mit wissenschaftlichem Forschergeist, führt in der Szene der Alten Musik zu einer grossen Vielfalt von Ansätzen für eine zeitgemässe Interpretation.

Künstlerische Leitung

Angélique Greuter, künstlerische Leiterin

Angelique Greuter

© D. Thalmann

Als gebürtige Schweizerin mit Heimatort Winterthur wuchs Angélique Greuter in Genf und Berlin auf und studierte anschliessend in Paris und Moskau Gesang. Seit Juni 2019 lebt sie erstmals in der deutschen Schweiz. Ihr künstlerischer Weg führte sie vom klassischen und modernen Tanz zum Theater und zur Stimme. Bei Jacques Lecoq in Paris studierte sie Körpertheater und Szenografie, an der Sorbonne absolvierte sie einen Master in Mittelaltermusik. Sie schloss ebenfalls in Frankreich ihre Diplome als Sängerin und als Gesangspädagogin ab.

Die Gesangskarriere begann Angélique mit Oratorien und Oper, am Opernhaus Kairo gab sie im Mai 2000 Poulencs La voix humaine in eigener Inszenierung. In Frankreich sang sie Debussys Pelléas et Mélisande, in Deutschland gastierte sie mit komischen Opern von Gluck und Mozart.

Seit 2005 ist sie Mitglied des Mittelalterensembles Cum Jubilo, mit dem sie sich in namhaften Festivals produziert und bis heute drei CDs aufgenommen hat. Sie erhält dadurch die Gelegenheit, Werke zeitgenössischer Komponist:innen uraufzuführen (Betsy Jolas, Michel Sendrez, Patrick Burgan). In einem weiteren a cappella Ensemble, Les Elancées, das sie 2018 mitbegründet, kombiniert sie alte Musik mit freier Improvisation und arbeitet dabei mit bildenden Künstler:innen und Tänzer:innen zusammen.

Seit ihrer Rückkehr in die Schweiz singt sie gelegentlich mit Soland Chorkunst, den Basler Madrigalisten und dem Choeur de Chambre de Colmar. Ihr Hauptfokus liegt aber in der Mittelaltermusik, für welche sie sich mit dem Ensemble RESONEZ und als künstlerische Leiterin von Ars vivendi – Life as Art schweizweit engagiert. Dieser 2019 gegründete Verein übernimmt ebenfalls die Organisation des TEXTUR Festivals, mit welchem Angélique Greuter einen weiteren Schritt geht, um Alte Musik vor ein neues Publikum zu bringen.

Editorial

«Es ist verblüffend, wie begeistert oft gerade junge Menschen sind, die zum ersten Mal eines unserer mittelalterlichen Konzerte besuchen. Dass die Musik des Mittelalters uns heute genauso ansprechen kann wie die eines Bach, eines Mozart oder Verdi, und genauso mitreissend sein kann wie Volks- oder Jazzmusik, muss sich unbedingt herumsprechen!

So kam uns die Idee, einen Begegnungsort für innovative Ensembles der Alten Musik zu schaffen und gleichzeitig unser Universum mit anderen Klängen zu mischen und zu verweben.

Die Schweiz als Teil der Weltkultur

Das diesjährige Motto zeigt die Schweiz als Knotenpunkt in einem weiten Einflussbereich, mit dem sie seit Jahrhunderten im Austausch steht, auch gerade über die Musik. Von Ägypten über Armenien bis nach Schweden führt die Reise, und sie endet mit schweizerischer Musik aus dem Mittelalter und mit einem Auftragswerk, das eigens für das neue Programm des Ensemble RESONEZ geschrieben wurde. Ein Leitfaden des Festivals ist die Basler Liederhandschrift aus dem 14. Jahrhundert. Wir werden sie gemeinsam betrachten, daraus singen, davon abschreiben und ihrer Musik in der Leonhardskirche lauschen. 

Neugierde möchten wir wecken, damit selten gehörte Musik als etwas Besonderes, als interessant und schön entdeckt wird. Was vorher vielleicht fremd anmutete, wird plötzlich „zu einem gehörig“, durch zweieinhalb Tage des gemeinsamen Eintauchens in zeitliches und räumliches Neuland.  

Wir freuen uns darauf, diese Vielfalt an Konzerten und Ateliers mit einem begeisterten Publikum zu teilen und zu geniessen.»

Angélique Greuter, künstlerische Leiterin